Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Thorsten Bayer · 07. Mär 2015 · Musik

Gediegen im Auftritt, ausgelassen am Klavier – Jools Holland überzeugt im Conrad Sohm

Der 57 Jahre alte Londoner ist einem breiten Publikum durch die BBC-Fernsehshow „Later with Jools Holland“ bekannt, in der er seit 1992 sowohl großen Stars als auch Newcomern ein Forum gibt und dabei auch hin und wieder selbst in die Tasten greift. In erster Linie ist er aber ein sehr fleißiger Musiker, der bereits 26 Alben aufgenommen hat. Von seiner Spielfreude hat er in den vergangenen rund 40 Jahren nichts eingebüßt, wie sich am gestrigen Freitagabend in Dornbirn deutlich zeigte.

Diese Tour ist für Julian Miles Holland auch eine Familienangelegenheit. Zwei der drei „superb singers“, die er zu Beginn des Konzerts ankündigt, sind ihm bestens vertraut. Zum einen begleitet ihn seine Tochter Mabel Ray Holland, zum anderen seine langjährige musikalische Partnerin Ruby Turner. Die gebürtige Jamaikanerin, wie Holland Jahrgang 1958, ist schon viele Male mit ihm unterwegs gewesen. In dieser Zeit hat sich eine tiefe Freundschaft zwischen den beiden entwickelt. Bei Hollands Hochzeit im Jahr 2005 sang Turner für das Paar „Amazing Grace“.

Drei starke Stimmen

Die dritte Sängerin im Bunde ist Beth Rowley, die für die erkrankte Louise Marshall kurzfristig einspringen konnte. Die 33 Jahre alte Rowley sorgt immer wieder für Gänsehaut-Momente, beispielsweise beim zarten „Valentine Moon“, bei dem sie nur von Holland am Klavier begleitet wird. Vater und Tochter haben ihre stärksten gemeinsamen Momente bei einigen berührenden Balladen gleich zu Beginn des Sets. Meistens im Hintergrund bleibt der Drummer George Latham (The Klaxons).

Jools Holland ist der unumstrittene Chef des Ensembles. Souverän wechselt er an seinem Flügel von Boogie-Woogie- zu Bluesstücken, zieht das Tempo mit spielerischer Leichtigkeit an oder nimmt es etwas heraus. Sein Repertoire ist seit seinen Anfangstagen in den 1970er-Jahren breit. „Ich hatte einen Fuß in der Welt von Jazz, Blues und Soul und den anderen im Punk. Mir schien das alles zusammenzugehören. Ich fühlte mich da wie dort wohl", sagte er einmal.

Kämpferisch und spielfreudig

Besonders sympathisch wirkt dabei, dass er genau wie seine Musikerkollegen mit angenehmem britischem Understatement auftritt, ohne dabei aber jemals steif zu wirken – ganz im Gegenteil. Wenn er das Jackett seines dunklen Nadelstreifenanzugs ablegt und mit Hemd und Hosenträgern zum „battle“ gegen sein Instrument antritt, springt seine pure Spielfreude, seine Begeisterung auf das Publikum über. Mit dem Auftritt von Ruby Turner betritt eine stimmliche Urgewalt die Bühne des Conrad Sohm. Kein Zweifel: Diese Frau hat etwas zu sagen. Ähnlich wie der Bandleader Jools Holland hat auch sie selbst bereits mit einigen Branchengrößen gearbeitet, unter anderen mit Bryan Ferry, Steve Winwood und Mick Jagger. Was Holland da so manches Mal anstimmt, weiß sie zwar auch nicht so genau und wirft ihm einen fragenden Blick zu. Doch die beiden sind so eingespielt, dass sie auch solche kurzen Momente der Unsicherheit, an denen Holland sichtlich Freude hat, problemlos meistern.

Hoher Spaßfaktor

Dass die Zuschauerzahl durchaus hätte höher ausfallen dürfen, scheint Jools Holland kaum zu stören. Diejenigen, die da sind, erreicht er offensichtlich mit seiner Show, lobt – ohne dabei ironisch zu klingen – ihr gutes Rhythmusgefühl und versprüht vom ersten bis zum letzten Takt gute Laune. Das Fazit des Abends fällt eindeutig aus: Auf der Bühne sind fünf großartige Künstler zu sehen, die jeder für sich und erst recht im Kollektiv einen sehr beeindruckenden Auftritt zeigen. Ein denkwürdiger Abend. Besonders in Erinnerung bleiben natürlich Ruby Turners Stimme, eine groovige Version von „When the saints go marching in“, bei der alle mitsingen, sowie jene Momente, in denen Beth Rowley zur Mundharmonika greift.

 

www.conradsohm.com
https://www.youtube.com/watch?v=bLIa9Ugk_r4 (Jools Holland und Ruby Turner live)
https://www.youtube.com/watch?v=SLzEckulSXU (Beth Rowley singt „Nobody´s fault but mine“)