Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Fritz Jurmann · 16. Dez 2012 · Musik

In Schwarzenberg konnte man am Wochenende wieder „Philharmoniker schaun“ – Privatinitiative rettete eine alte Konzerttradition im Advent

Dass man lieb gewordene Traditionen aufrechterhält, ist heute nicht einmal mehr im Bregenzerwald ein unbedingtes Muss. So bedurfte es der Privatinitiative einiger engagierter und kulturinteressierter Wälder, um ein seit 20 Jahren bestehendes jährliches Konzertprojekt beim „Schwarzenberger Advent“ mit den philharmonischen „Wiener Streichersolisten“ neu zu beleben. Die Rettungsaktion verlief so blendend wie schlussendlich das Konzert am Freitag vor etwa 600 Vorderwäldern im voll besetzten Angelika-Kauffmann-Saal.

An der Wiege stand Max Moosbrugger

Wie kam es nun, dass man ausgerechnet im adventlichen Bregenzerwald alljährlich um diese Zeit „Philharmoniker schaun“ konnte? Die ersten Wurzeln dieser exotisch anmutenden Kombination reichen nach Andelsbuch. Dort heckte anfangs der 90er Jahre das dortige rührige Tourismus-Urgestein Max Moosbrugger den Plan aus, im „Tauben“-Saal der Gemeinde zum Advent die „Wiener Streichersolisten“, durchwegs Mitglieder der Wiener Philharmoniker, auftreten zu lassen. Sein Kontaktmann in Wien war der aus Bersbuch stammende, damals zum höchsten Beamten im Wiener Rechnungshof avancierte Hofrat Josef Meyssner-Schneider. Diese Einrichtung hielt sich mit großem Publikumszuspruch vier Jahre lang, dann zog das Ensemble der besseren Saalverhältnisse wegen ins benachbarte Schwarzenberg und wurde dort vom damaligen Bürgermeister Jakob Franz Greber mit offenen Armen aufgenommen.

Heute erinnert er sich: „Da haben sich mit den Jahren intensive Freundschaften mit mir und meiner Familie, aber auch mit Leuten vom Ort und der Region entwickelt. Ich bin überzeugt, dass durch diese jährliche Präsenz der Philharmoniker in unserer Bevölkerung auch der Boden bereitet wurde für die spätere ständige Ansiedlung der Schubertiade in unserer Gemeinde.“ Das ging viele Jahre gut, bis zuletzt das Publikumsinteresse doch deutlich nachließ und die Gemeinde Schwarzenberg mit Grebers Nachfolger Armin Berchtold das kostspielige Projekt heuer nun nicht mehr tragen wollte und Kindesweglegung betrieb.

Kulturinitiative rettet das lecke Schiff

Doch da trat nun die erwähnte „Kulturinitiative Schwarzenberg“ auf den Plan. Neben dem nach wie vor rührigen Altbürgermeister Jakob Franz Greber waren es das Unternehmer-Ehepaar Ulli und Hans Metzler und der Dornbirner Martin Rhomberg, die das lecke Schiff auf Anhieb wieder flott kriegten und dank zahlreicher Sponsoren für ein ausgeglichenes Budget sorgten. Und auch die Gemeinde ist samt Tourismusamt wieder mit im Boot und stellt den Saal gratis.

Musikalisch besitzt der Abend, selbstredend, das Flair des Wiener Toporchesters, mit philharmonischer Klangkultur auf höchstem Niveau, beeindruckender Präzision auch ganz ohne Dirigenten und kompetenter Vielseitigkeit in allen musikalischen Belangen. Eine Dame und zehn Herren haben mit diesen guten Eigenschaften als „Wiener Streichersolisten“ längst die Musikwelt erobert. Und auch eben wieder das Publikum von Schwarzenberg, das nach einem eher reserviert aufgenommenen ersten Teil nach der Pause so richtig aus dem Häuschen gerät vor Begeisterung.

Ein Programm, das erfreut, aber nicht überfordert

Man kennt sich inzwischen, weiß genau, was sich die Menschen hier erwarten und hat jenes gut durchgemischte Programm aus Klassik und Romantik mit einer barocken Klammer ausgewählt, das dieses Publikum zwar erfreut, aber nicht überfordert. Mit ein paar gängigen Melodien auch zum Anhalten wie Edward Elgars „Salute d’amore“ aus dem Bereich der Kaffeehaus-Musik, aber sonst doch fast ohne Wunschkonzert-Geruch. Eine „g’mahte Wies’n“ für die Philharmoniker, die aber auch diesen Auftritt in der Provinz, mit einem vielleicht konzilianteren Publikum als in der Großstadt, durchaus ernst nehmen und doch so musizieren, als käme alles spielend leicht aus dem Handgelenk.

Solistische Einlagen lockern den Abend effektvoll auf, zunächst mit Konzertmeister Milan Setena und Arkadij Winokurof, dem Stimmführer der zweiten Geigen, die einander in einem Doppelkonzert von Vivaldi launig die Bälle zuwerfen. Der Cellist Michael Hell glänzt mit wunderbar sanglichem Ton in einem Andante von Karl Goldmark. Staunen machen aber die meisterlichen Arrangements für genau diese Besetzung, die der Ensemble-Bratschist Erich Kaufmann, trotz seines Namens kein Schwarzenberger, so perfekt auf seine Kollegen zugeschnitten hat, dass mit diesen elf Streichern oft ein ganzes großes Orchester ersetzt wird.

Der Kontrabassist „spielt Pauken“

Da poltert etwa Griegs „Bauerntanz“ rüpelhaft daher, schillert Dvoraks „Lied an den Mond“ genial in allen Orchesterfarben, spiegelt der Walzer aus Tschaikowskys Streicherserenade große Eleganz. Sogar der berühmte Eingangschor „Jauchzet, frohlocket!“ aus Bachs „Weihnachtsoratorium“ erhält ganz ohne Chor, Trompeten und Pauken, deren Part Organisator Wolfgang Gürtler beeindruckend lebendig am Kontrabass übernimmt, festlich barocken Glanz. Gürtler, mit seinem schneeweißen Bart dem älteren Johannes Brahms wie aus dem Gesicht geschnitten, moderiert launig auch die beiden Zugaben ein und verspricht nach diesem „wunderbaren Abend“ ein Wiedersehen im nächsten Jahr.