Neu in den Kinos: "Bergfahrt" (Foto: GM Films)
Silvia Thurner · 13. Mär 2017 · Musik

Jahreszeiten als Sinnbilder des Lebenskreises – das vierte Abokonzert des Symphonieorchesters Vorarlberg unter der Leitung von Benjamin Lack berührte und fand viel Zustimmung

Lange hat es gedauert, bis das Symphonieorchester Vorarlberg den hierzulande hoch geschätzten Domkapellmeister, Dirigenten, Chorleiter und Pädagogen, Benjamin Lack, als musikalischen Leiter ans Pult gebeten hat. Haydns Oratorium „Die Jahreszeiten“ mit dem Kammerchor Feldkirch sowie der Sopranistin Mara Mastalir, dem Tenor Daniel Johannsen und dem Bariton Florian Götz boten nun die Gelegenheit, mit einem groß besetzten Chor-und Orchesterprojekt alle Kräfte zu bündeln. Mit Spannung wurde die Interpretation dieses Oratoriums erwartet, denn die Musik stellt mit vielen tonmalenden Gesten enorme Ansprüche an die Wandelbarkeit des Orchesters und der Sänger. Der Gesamteindruck der Aufführung im Bregenzer Festspielhaus war positiv. Vor allem die plastischen musikalischen Bilder des zweiten Abschnitts – dem Sommer – zogen die Zuhörenden in ihren Bann.

Vor wenigen Monaten hat Benjamin Lack mit dem Barockorchester „Concerto Stella Matutina“ dem Kammerchor Feldkirch sowie Solisten Georg Friedrich Händels Oratorium „Messias“ interpretiert. In gewissem Sinn stehen auch Haydns „Vier Jahreszeiten“ dem Ausdrucksgehalt der Musik von Händel nahe. Deshalb war es reizvoll zu hören wie das nicht auf die historische Aufführungspraxis spezialisierte Symphonieorchester Vorarlberg Haydns farbenreiches Oratorium interpretieren wird.

Ausgeklügelte Chor- und Orchesteraufstellung


Die ungewöhnliche Orchesteraufstellung, bei der die Posaunen links hinter den ersten Geigen und die Trompeten rechts hinter den zweiten Geigen positioniert waren, ergab einen gut in sich abgerundeten Orchesterklang. Ohne zu kräftig in den Vordergrund zu treten, setzten die Blechbläser auf diese Weise vor allem in den hymnischen Passagen schöne Glanzpunkte. Überdies wirkte sich die Choraufstellung, in der die Frauenstimmen ganz oben und die Männer davor postiert waren, gut auf die chorische Klangbalance aus.

Den gemeinsamen Atem finden


Am Beginn des „Frühlings“ mussten sich die Zuhörenden noch etwas gedulden, denn die einzelnen Teile fügten sich erst zögerlich zu einem Ganzen zusammen. Doch die herausragenden Soli aus den Reihen der Orchestermusiker lenkten die Aufmerksamkeit auf sich und setzten klangmalerische Akzente.

Gut proportioniert waren die Höhepunkte innerhalb des musikalischen Verlaufs. Benjamin Lack gab den Rezitativen zeitlichen Entfaltungsspielraum und steigerte dadurch die Wirkung der darauffolgenden Arien. Viele motivische Details und reichhaltige Orchesterfarben zeichneten den Text nach und sorgten für abwechslungsreiche musikalische Stimmungen und Bilder.

Hitze und Gewitter voller Intensität


Im „Sommer“ fanden alle Beteiligten zu einem gemeinsamen Atem. Bereits die romantische Orchestereinleitung ließ aufhorchen. Feinsinnig lichtete sich der musikalische Duktus im Rezitativ von Lukas und das Terzett mit Chor als auskomponiertes Crescendo führte wirkungsvoll vom Dunkel zum Licht. Nach diesem ersten Höhepunkt entluden alle gemeinsam die geballte musikalische Energie in einer mitreißenden Sturm- und Gewitterszene. Die daran anschließende Passage verströmte mit einem weichen Pianoklang eine unerwartete Zurückhaltung und kam genau deshalb hervorragend zur Geltung.

Neben derart naturalistischen Schilderungen reizten Benjamin Lack, die Sängerinnen und Musiker auch andere Archetypen voll aus. So sorgte die naive Naturseligkeit im Stil eines Singspieles vor allem im „Herbst“ für eine gelungene Abwechslung. Imposant gestaltet erklangen die hymnischen Jubelgesänge in der Jagdszene. In Erinnerung blieb überdies das laufende Radmotiv des Spinnerliedes.

Auch die Änderung des Aussagegehaltes im „Winter“ wurde gut nachvollziehbar ausgestaltet. Die Erstarrung auf der einen Seite und die Überhöhung des Naturbildes auf die menschliche Existenz auf der anderen Seite ergaben eine intensive musikalische Wirkung.

Hervorragendes musikalisches Niveau


Benjamin Lack leitete den Chor und das Orchester mit einer lebhaften und leidenschaftlich bewegten Gestik. Er setzte zahlreiche Akzente, die die Musiker plastisch ausformten. Eine gute Basis dafür bildete die vielgestaltige und nuancierte Spielart der Streicher.

Seit Jahren leitet Benjamin Lack den Kammerchor Feldkirch und wie gewohnt durfte man darauf vertrauen, dass die Sängerinnen und Sänger bestens vorbereitet und auf hohem Niveau ihren Part gestalten würden. Der Kammerchor Feldkirch sang ausgewogen und wirkte über die gesamte Dauer des gut zweistündigen Werkes sehr präsent. Bewundernswert war die Textdeutlichkeit, mit der die Sängerinnen und Sänger alle Passagen ausdeuteten. So kamen die unterschiedlichen Klangbilder in den Bittgesängen und hymnischen Preisungen ebenso gut zur Geltung wie in den kontrapunktisch gesetzten Passagen.

Die Solisten fügten sich hervorragend in das Geschehen ein. Gut aufeinander abgestimmt, textdeutlich und ohne opernhaften Vortrag erklangen das warme Timbre der Sopranistin Mara Mastalir und das helle Timbre des Tenors Daniel Johannsen. Ergänzend dazu gefiel auch der Bariton Florian Götz.

Das Publikum applaudierte lange und herzlich für die gelungene Aufführung.