Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Silvia Thurner · 08. Aug 2010 · Musik

Kammermusikalische Häppchen bei der Matinee - „Musik und Poesie“ im Rahmen der Bregenzer Festspiele war eine Geduldsprobe

Um auch der Kammermusik von Miecszyslaw Weinberg einen Raum zu geben, spielen die MusikerInnen der Wiener Symphoniker im Rahmen der Reihe „Musik und Poesie“ im Bregenzer Seestudio klein besetzte Werke. Beim zweiten Konzert mit Gedichten und Texten von Joseph Brodsky erklangen Weinbergs Streichtrio, op. 48 sowie die zweite Sonate op, 63 für Cello und Klavier. Die nur teilweise überzeugenden Werke wurden gut interpretiert. Ralph Dutli rezitierte die Brodsky-Texte mit Empathie. Doch die widersinnige Zergliederung der Werke und die dazwischen gelagerten Texte störten den musikalischen Fluss enorm.

Das Trio op. 48 wirkte in der Interpretation von Kana Matsui (Violine), Johannes Flieder (Viola) und Christoph Stradner (Viononcello) leichtfüßig und poetisch. Allgegenwärtig waren die Anklänge an jüdische Volksmusik, die jedoch nicht auf Zitaten, sondern viel mehr auf Allusionen beruhten und selbstredend vom Komponisten verfasst wurden. Vom Violoncello ging gleich zu Beginn eine Aufforderungsgeste aus, die von der Violine selbstbewusst beantwortet wurde. Die Musiker spielten mit einem guten Kontakt zueinander und entfalteten den poetischen Charakter dieses Werkes schön. Die durchsichtige Linienführung ermöglichte das Verfolgen von reizvollen Dialogen. Zurückhaltend und intim wirkte der langsame Mittelsatz, in dem lang gezogene Kantilenen den Raum erfüllten. Mit Synkopen, die die zugrunde liegende Metrik außer Kraft setzten, dehnte Weinberg die Zeit. Einen weiten musikalischen Raum öffneten die Musiker mit einer Melodielinie der Violine über einem erdigen Orgelpunkt. Eine Klammer zum Eröffnungssatz bot Zusammenhalt im abschließenden „Moderato assai“. Abwechslungsreich und zugleich impulsiv wurden die unterschiedlichen Charaktere einzelner Motive gestaltet, bevor der musikalische Fluss durch eine Flageolettpassage in der Violine verflüchtigt wurde.

Stimmungsbild und Freundschaftsbekundung



Die Sonate Nr. 2, op. 63 für Cello und Klavier interpretierten die Kammermusikpartner Christoph Stradner (Vc) und Luca Monti am Klavier. Wie immer agierten die Musiker gut aufeinander abgestimmt, das Werk selbst begeisterte mich jedoch nicht. Der Liedcharakter im ersten Satz sowie Abspaltungen und Kommentare des romantischen Hauptthemas wurden in unterschiedlichen harmonischen Färbungen in den Instrumenten dargestellt. Die Musiker führten die Musik zu einem ausladenden Höhepunkt und entfalteten die anschließende Reflexion poesievoll. Ein romantisches Stimmungsbild zeichnete das Duo im Mittelteil, wo der Part des Violoncellos und jener des Klaviers gut ausbalanciert wurden. Allzu sehr an Bela Bartók erinnerte der Finalsatz der Sonate. Dass Schostakowitsch für Weinberg sehr wichtig war und dieser durch viele seiner Werke hindurch schimmert, beeinträchtigt die Wirkung der Musik von Weinberg wenig. Völlig falsch wäre es, den Komponisten als Epigonen von Schostakowitsch zu sehen, allerdings wirkte die Nähe zum Komponistenfreund und Mentor in diesem Werk allzu unmittelbar.



Der Rezitator und seine Stellung im Gesamtzusammenhang



Ralph Dutli habe ich beim letzten Kammerkonzert hoch gelobt, weil mich seine Art der Rezitation von Gedichten Ossip Mandelstams beeindruckt hat. Diesmal zündete der Funke jedoch nicht. Der Vortrag der Brodsky-Texte zuerst auf russisch und anschließend auf deutsch wirkte beinahe sperrig. Texte, die um das Ich-Erleben in der Natur, mit der Geliebten sowie in der Gesellschaft kreisten, wurden vorgetragen.


Sämtliche Texte wurden zwischen die Sätze der kammermusikalischen Werke geschoben. So wurde der Sinnzusammenhang der Musik völlig widersinnig zergliedert. Mehr Respekt gegenüber dem Werkganzen, so wie ihn ein Komponist zum Ausdruck bringt, wäre wünschenswert.