Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Silvia Thurner · 17. Mai 2013 · Musik

Klangschwelgerische musikalische Fassaden – Die Artur Rubinstein-Philharmonie Lodz bot musikalische Unterhaltung, drang jedoch nicht zum Wesenskern der Werke vor

Das vorletzte Abonnementkonzert der Reihe „DornbirnKlassik“ ermöglichte eine Begegnung mit dem außergewöhnlichen Pianisten Antoine Françoise, der Ravels Klavierkonzert in G-Dur in einem farbenreichen Spiel humorvoll und virtuos interpretierte. Enthusiastisch musizierte die Artur Rubinstein-Philharmonie Lodz Smetanas „Moldau“ und die 6. Sinfonie von Peter I. Tschaikowsky und betonte in ihren Werkdeutungen viel mehr die große Linie als die detailreichen Facetten und Inhalte der Kompositionen.

Maurice Ravels Klavierkonzert in G-Dur ist ein unterhaltsames Werk, das mit vielen unterschiedlichen melodischen Einfällen die Zuhörenden bestens unterhält und in ihre eigene Welt führt. Der Solist Antoine Françoise spielte mit einer differenzierten Ausdruckskraft und formte die aus dem Jazz und baskischer Volksmusik generierten Themen und Motive plastisch aus. Damit schuf er die Grundlage, um diese in weiterer Folge tänzerisch und vielgestaltig zu fragmentieren und zu verkleiden. Ravel ist ein Meister dieses Maskenspiels, das auch in diesem Werk voll zur Geltung kam. Unaufgeregt und präzise im Detail stellte sich der Solist in den Dienst der Musik. Besonders der ätherische Mittelteil mit den changierend harmonischen Lichtverhältnissen belebte die Werkdeutung. Das Spiel mit fratzenhaften Einwürfen aus dem Orchester und die „Antworten“ des Klavierparts zog im Finalsatz die Aufmerksamkeit auf sich und bot eine bilderreiche und höchst anregende Unterhaltung.

Mit Enthusiasmus


Energiegeladen spielte die Artur Rubinstein-Philharmonie Lodz „Die Moldau“ von Friedrich Smetana. Und weil wohl alle Zuhörenden diesen Ohrwurm kennen, fühlten sich viele angesprochen. Dabei setzten das Orchester und Valentin Reymond am Dirigentenpult voll auf die Wirkung der übergeordneten Linien. Dynamisch mit aufschwellenden Klangströmen illustrierten sie die musikalischen Bilder. Manches Mal überspülte jedoch der Klangfluss an der Oberfläche die darunterliegenden musikalischen Wellenbewegungen.

Oberflächliche Dramatik


Auch in der Interpretation der sechsten Sinfonie, op. 74 von Peter I. Tschaikowsky stellte das Orchester die Kontraste und die großen Linien in den Vordergrund ihrer Darbietung. Die dahinterliegende Dramatik der kompositorischen Aussage kam jedoch meinem Empfinden nach wenig zum Ausdruck, zu oberflächlich wirkte der musikalische Zugang an dieses sehr persönlich gehaltene Werk von Tschaikowsky. Gute Steigerungen und kammermusikalisch verinnerlichte Passagen ließen zwar immer wieder aufhorchen, der Spielart des großen Orchesterapparates fehlte aber die inspirierende Kraft, von der Oberfläche aus in die tieferen Schichten vorzudringen.