"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Silvia Thurner · 22. Nov 2013 · Musik

Klare Konturen und große innere Kraft – Ein Konzert, wie man es sich wünscht

Am zweiten Abend der „bludenzer tage zeitgemäßer musik“ (btzm) in der Remise Bludenz waren drei Uraufführungen angekündigt. Im Mittelpunkt des Interesses stand die Präsentation der „gesänge von der peripherie“ von Wolfram Schurig. Darüber hinaus waren der letzte Teil der Trilogie „e poi“ von Giorgio Netti sowie das Werk „Thought Forms are Pure Energy“ von Christopher Trebue Moore zu hören. Die Kompositionen sowie die hervorragenden Interpretationen des Ensemble PHACE unter der Leitung von Simeon Pironkoff und die Gestaltungskraft der Sopranistin Almut Hellwig machten diesen Abend zu einem Konzerterlebnis, das lange in Erinnerung bleiben wird.

In seinem Liederzyklus „gesänge von der peripherie“ ließ sich Wolfram Schurig ganz auf die zugrunde gelegten Gedichte von Daniela Danz ein und entwickelte daraus eine Musik, die vom ersten bis zum letzten Ton in sich schlüssig konzipiert ist und die Zuhörenden in ihren Bann zog. Ganz aus dem Sprachrhythmus heraus filtriert, erklangen die musikalischen Linien und die Singstimme. Unterstrichen wurde die Aussagekraft der einzelnen Lieder, weil sich jeder Abschnitt des siebenteilig angelegten Liederzyklus durch einen individuellen emotionalen Charakter auszeichnete. Auf diese Weise entwickelte sich ein gut proportioniertes und abgerundetes Ganzes. Die Besetzung des Ensembles mit Flöte (Sylvie Lacroix), Klarinette (Walter Seebacher), Schlagwerk (Berndt Thurner), Viola (Ivana Pristasova) und Violoncello (Roland Schueler) ermöglichte vielgestaltige Nuancierungen, die die Textdeutung unterstützten. Almut Hellwig gestaltete den anspruchsvollen Vokalpart mit einer großen Ausdruckspalette. Flexibel führte sie ihre lyrische Stimme mit einem bewundernswert großen Ambitus. Die einzige Einschränkung bei dieser packenden Erstaufführung war die Stimmbalance zwischen der Sopranistin und dem Ensemble, die nicht immer optimal austariert wirkte.

Kongeniale Partnerin


Der Komponist Giorgio Netti komponierte in den vergangenen Jahren das dreiteilige Werk „e poi“ in enger Zusammenarbeit mit der Bratschistin Anna Spina. So war sie die ideale Interpretin für dieses diffizil verwobene, feingliedrige Solowerk. Vor zwei Jahren präsentierte Anna Spina den ersten Teil der Komposition, namens „lassú“, ebenfalls bei den btzm. Diese Uraufführung hinterließ bei mir sehr zwiespältige Gefühle. Deshalb war die Spannung groß, wie Giorgio Netti den letzten Abschnitt komponiert hat. Und der Finalsatz überzeugte nun voll und ganz. Aufmerksamkeit forderten die flirrenden Gesten ein, die im Verlaufe des Werkes eine immer konkretere Gestalt annahmen. Die Linien entwickelten sich in einem atmenden Duktus und kristallisierten stets andersfarbige Tonqualitäten heraus. Mit bewundernswerter Musikalität und Virtuosität füllte Anna Spina die komplex ineinander verwobenen Schwingungsverläufe aus.

Kraftstrotzende Musik


Ebenso aufregend war die Uraufführung „Thought Forms are Pure Energy“ für verstärktes Violoncello solo des amerikanischen Komponisten Christopher Trebue Moore. Er verkörpert eine junge Generation von Komponisten, die Zukunft haben. Vorerst machte er Jazz- und Rockmusik, er war Gitarrist, beschäftigte sich mit elektroakustischer und elektronischer Musik, darüber hinaus studierte er unter anderem bei Brian Ferneyhough. Roland Schueler interpretierte das Werk hervorragend. Der Werktitel war zugleich Programm für die körperhafte und zugleich sinnliche Musik, die die Kraft aus einem schlüssigen Konzept und unterschiedlichen Ton-, Klang- und Geräuschvarianten schöpfte.