Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Silvia Thurner · 21. Jun 2012 · Musik

Kleingliedrige Figurationen und voluminöse Tonsäulen – Jubel für das Belcea Quartet

Das international renommierte Belcea Quartet hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, Beethovens sechzehn Streichquartette, sowie die große Fuge innerhalb von sieben Konzerten in chronologischer Reihenfolge zur Aufführung zu bringen. Der ideale Ort und Rahmen für diesen Kraftakt ist die Schubertiade Schwarzenberg. Aus der mittleren Schaffensperiode stammen die Streichquartette op. 59/1 sowie das op. 59/2. Beide Werke deuteten die Quartettmusiker mit einer bewundernswert feinsinnigen Themen- und Motivgestaltung aus.

Corina Belcea ist Gründerin, Namensgeberin und Primgeigerin des viel beachteten und mit zahlreichen Preisen ausgezeichneten Streichquartettes. Intensiv setzten sich Corina Belcea und ihre Musikerkollegen Axel Schacher, Krzysztof Chorzelski und Antoine Lederlin mit Beethoven auseinander und tauchten ganz in seine kompositorische Welt ein. Deshalb lagen den Werkdeutungen ein durchdringendes Verständnis über die Themen- und Motivgestaltung sowie deren vielgestaltigen Transformationen zugrunde. Dass die Streichquartettmusiker mit ihrer höchst konzentrierten und doch souverän lockeren und kommunikativen Spielart Besonderes leisten, war während des gesamten Konzertes erlebbar. Der Kontakt und die Hinwendung der Musiker zueinander bewirkten, neben dem intensiven gemeinsamen Spiel, auch eine bemerkenswerte optische Gestaltungskraft. Immer dann, wenn Motive und Themen zwischen den Instrumentalstimmen herumgereicht wurden oder zwei der vier Stimmen miteinander in einen Dialog traten, war dies durch die Aufmerksamkeit, die sich die Musiker gegenseitig schenkten, unmittelbar nachvollziehbar.

Jede Kleinigkeit hatte einen großen Wert

Insgesamt begeisterte vor allem die weiche, glasklare und flexible Tongebung. Diese bot die besten Voraussetzungen, um die vielgestaltigen kompositorischen Ideen, die Beethoven dem F-Dur Quartett zugrunde gelegt hatte, erfrischend neu zu erfassen. Fein ziseliert, mit einer herausragenden Pianokultur sowie kraftvollen Gesten, wo es das harmonische Gerüst verlangte, wurden die einzelnen Sätze modelliert.

Eine musikalische Raumperspektive entwickelte sich vor allem im Allegretto, rufartige Motive wurden  feinsinnig weitergereicht und humorvoll transformiert. Fast tonlos, mit einem fließenden Duktus und schön nuancierten Lautstärkeverhältnissen wurde das Adagio molto e mesto ausgeformt. Jede noch so kleine Begleitfloskel hatte ihre individuelle Qualität. Spannende Steigerungen entwickelten sich im Finalsatz, die melodischen Linien wurden in überraschende Trugschlüsse geführt und temperamentvoll ausgeformt.

Im Hinblick auf die musikalische und spieltechnische Interpretationskraft stand die Nummer 2 aus dem Opus 59 der vorangegangenen Werkdeutung um nichts nach. Reizvoll war überdies der kompositorische Gegensatz zwischen den beiden Werken.