Musikalische Geschichten mit besonderem Drive erzählt – Jubelstimmung beim 3. Abonnementkonzert des Symphonieorchesters Vorarlberg im Montforthaus Feldkirch
„Wer wagt, gewinnt!“, lautet das Resümee eines Konzertereignisses, das den Zuhörenden Besonderes bot. Erstmals hat sich das SOV mit dem seit zwölf Jahren bestehenden Jazzorchester Vorarlberg (JOV) verabredet und zu diesem Zweck einen großen Kompositionsauftrag an den Südtiroler Komponisten Gerd Hermann Ortler vergeben. So spielten 75 Musikerinnen und Musiker zusammen die Uraufführung des Werkes „And The Moon And The Stars And The World“ und hatten das Publikum sogleich auf ihrer Seite. Für dieses Großereignis hat der Dirigent Adrian Prabava kurzfristig die Leitung übernommen, weil Gerard Korsten erkrankt ist. Der indonesisch-deutsche Dirigent beeindruckte mit seinem Kraft und Ruhe ausstrahlenden Dirigat auf allen Linien.
Das SOV und das JOV zusammen auf die Bühne zu bringen, war eine Idee des Geschäftsführers Thomas Heißbauer und Martin Eberle, dem Initiator des Jazzorchesters. Wenn Jazzformationen mit klassischen Symphonieorchestern gemeinsame Sache machen, steigen allzu oft die Streicher schlecht aus und zudem ist der musikalische Gehalt solcher „Crossover Projekte“ mitunter eher spärlich. Deshalb stand ich dieser „Fusion“ eher skeptisch, aber mit einer großen Erwartungshaltung gegenüber. Bei der Uraufführung wurde ich rasch eines Besseren belehrt. Gerd Hermann Ortler ist ein Meister seines Faches und schuf ein vielgestaltiges Werk, das bei sehr vielen musikalischen Genre Station machte. Auf ganz selbstverständliche Art kombinierte er unter anderem orchestrale Jazzmusik, Bigband, zeitgenössische Musik und Filmmusik miteinander und schöpfte im Hinblick auf die Instrumentation aus dem Vollen. So schuf G.H. Ortler eine Musik, die mit einem machtvollen Cluster sofort die Aufmerksamkeit der Zuhörenden bündelte, um dann loszulegen. Geboten wurde beste Unterhaltung, so dass während des einstündigen symphonischen Mammutwerkes keine Sekunde Langeweile aufkam.
Viel zu erzählen
Der Werktitel „And The Moon And The Stars And The World“ war zugleich Programm der dreiteilig angelegten, hervorragend proportionierten Komposition. Angelehnt an das gleichnamige Gedicht von Charles Bukowski, war klar, dass Gerd Hermann Ortler mit seiner Musik auch eine Geschichte erzählt und dabei der Humor nicht zu kurz kommen wird. Die Orchester- und die Jazzmusiker ließen sich voll ein auf die Herausforderungen und wurden wunderbar klar geleitet vom Dirigenten. So kamen die Inhalte jedes einzelnen Satzes hervorragend zur Geltung. Vielschichtige Klangflächen und kulminierende Tonschichtungen verliehen dem ersten Abschnitt einen wogenden Duktus, aus dem immer wieder melodische Linien zu Klanginseln geformt wurden. Dazu hatte G.H. Ortler eine große Anzahl von herausragenden Solisten (u.a. Martin Eberle, Herbert Walser, Martin Franz, Jodok Lingg, Andreas Broger, Benny Omerzell, Christian Eberle, Levent Ivov, Giovanni Fanti und Christoph Ellensohn) zur Verfügung, die mit teilweise spektakulären Improvisationen und Soli die Aufmerksamkeit auf sich lenkten.
Humorvoll wirkte der zweite Abschnitt mit den vielen solistisch miteinander kommunizierenden Floskeln. Entstehende Dialoge wurden jedoch immer wieder von massiven Klangballungen unterbrochen. Mit Bukowskis Gedicht im Hinterkopf stellten sich dabei amüsante Assoziationen ein. Sphärisch wurde der dritte Satz eingeleitet, hier kam auch das rhythmische Moment voll zur Geltung. Viel gäbe es noch zu sagen über die einzelnen Improvisationen, über die Rollenverteilungen der Stimmgruppen und das fulminante Wirken der Rhythmusgruppe, über den Blues und auch über moderne Satztechniken.
Nach dem Verklingen des letzten Tones war der Jubel im Saal riesig. Sowohl der Komponist als auch die Musikerinnen und Musiker und der Dirigent wurden stürmisch gefeiert.
Hervorragende Werkdeutung
In Schuberts Symphonie Nr. 4 (D417) ließ bereits die Einleitung aufhorchen, denn die musikalischen Blöcke zwischen den unteren und oberen Registern erklangen sehr prägnant modelliert und ließen Raum für die Durchgänge der Holzbläser. Genauso exakt und plastisch entfalteten die Musikerinnen und Musiker die ganze Symphonie. So verliehen unter anderem die fein austarierten, korrespondierten Stimmgruppen dem Andante einen besonderen Charme und beeindruckten im Finale die in raschem Wechsel herumgereichten signalartigen Motive.
Ein besonderes Augenmerk lag auf Adrian Prabava am Pult. Er dirigierte Schuberts Vierte auswendig und überzeugte vor allem durch seine sparsame, aber sehr ausdruckstarke und prägnante Gestik. Dies bewirkte schön ausbalancierte, sichere Streicher und gab den zahlreichen Soli aus den Reihen der Holzbläser Raum zur Entfaltung. Auf ein Wiedersehen mit diesem Dirigenten darf man sich freuen.