Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Silvia Thurner · 23. Mai 2011 · Musik

Neue Musik aus Vorarlberg – Das „ensemble plus“ und Bettina Waldner-Barnay boten eine kurzweilige „Lange Nacht der neuen österreichischen Musik“

Das ORF Landesstudio hat zu einer „Langen Nacht der neuen österreichischen Musik“ nach Dornbirn geladen. Nicht üppig viele, aber umso begeistertere BesucherInnen kamen zu nächtlicher Stunde ins Funkhaus. Zu erleben war ein gelungenes und inspirierendes Fest zeitgenössischer Musik, das mit einem fünfstündigen Livekonzert gefeiert wurde. Im „ensemble plus“ rund um Andreas Ticozzi musizierten vierundzwanzig MusikerInnen mit bewundernswertem Elan bis um vier Uhr früh. Das Gefühl ein besonderes Ereignis mitgestalten zu können, bündelte die Energien, denn das gesamte Konzert wurde live auf Ö1 übertragen. Bettina Waldner-Barnay moderierte sympathisch und unterhaltsam.

Im Rahmen der „Langen Nacht“ wurden Werke von den Vorarlberger KomponistInnen Gerold Amann, Richard Dünser, Peter Engl, Gerald Futscher, Gerda Poppa und Herbert Willi gespielt. Weitere Kompositionen von Rudi Spring, Michael Huber, Vladimir Rossinskij, Rolf Rudin, Luigi Nono ergänzten das Programm. Anhand der Werkauswahl zeigte das "ensemble plus" einesteils ein Nahverhältnis zu bestimmten KomponistInnen auf, andernteils wurden auch Stücke präsentiert, die einige Ensemblemitglieder besonders gerne spielen. So entstand ein abwechslungsreiches Panorama unterschiedlicher Stile und Kompositionen, die in variablen Besetzungen vom Solo bis zum Sextett dargeboten wurden. Die Konzertstunden wurden intensiv sowie auf hohem musikalischem Niveau gestaltet und vergingen meinem Empfinden nach anregend und schnell. Unterhaltsame und informative Gespräche führte Bettina Waldner-Barnay mit anwesenden KomponistInnen und MusikerInnen. Zwei Kompositionen waren als Uraufführungen zu hören.

Aussagekräftig

„Nachtfalter“ von Peter Engl ist im Auftrag des "ensemble plus" speziell für die „Lange Nacht“ entstanden. Nach einem wenig Atmosphäre stiftenden Text von Max Dauthendey schuf Peter Engl eine farbenreiche Musik. Tiefe Liegetöne, verbunden mit der klar geführten Singstimme entfalteten eine filigrane Wirkung mit einem atmenden Duktus. Im weiteren Verlauf führte die Musik markant und mit energischen Gesten in vielgestaltig schattierte Klangschichten. Anregend wirkte darüber hinaus der Gegensatz zwischen kleingliedrigen motivischen Gedanken und weiten Linien in der Singstimme.

Musikalische Erlebniswelt

Gerade Poppa verarbeitete in ihrem Trio für Violine, Viola und Klavier „Happy Endings“ ein tragisches Ereignis, das abrupt den Alltag und die bis dahin geordnete Lebenswelt unterbrach. Mit klaren Ausdrucksmitteln schuf sie eine musikalische Erzählwelt, die eindrücklich nachvollziehbar war. Die emotionale Grundstimmung wurde plastisch dargestellt, beispielsweise das in sich Zusammensacken der Tonlinien, nach dem "attacca" dargestellten dramatischen Wendepunkt innerhalb der Komposition.

Nachhören

Alle Werke, die im Rahmen dieser Nacht, interpretiert wurden, an dieser Stelle aufzuzählen und die einzelnen MusikerInnen zu nennen, sprengt den Rahmen dieses Konzertberichtes. Via Internet ist die „Lange Nacht der neuen österreichischen Musik“ bis Ende der Woche nachzuhören. Die angeführte Liste der dargebotenen Werke gibt Einblick in das breite Spektrum des musikalischen Schaffens des „ensemble plus“. In den vergangenen zwölf Jahren wurden vierzig Kompositionen in Auftrag gegeben, viele davon an Vorarlberger KomponistInnen.

http://oe1.orf.at Rubrik: 7 Tage Ö1

 

Programmfolge

Gerald Futscher - Haut   41'
Violine Phillipp Wenger
Viola Andreas Ticozzi
Kontrabass Marcus Huemer
Klarinette Martin Schelling
Posaune Thomas Gertner
Mezzosopran Nina Amon
Dirigent Gerald Futscher

Gerold Amann - Ö! für drei Bratschen  7‘
Viola Gyöngyi Ellensohn, Karoline Kurzemann-Pilz, Andreas Ticozzi

Gerold Amann - Schallfossile  18'
Violine Anita Martinek
Violine Phillipp Wenger
Viola Andreas Ticozzi
Violoncello Ulla Hanke
Kontrabass Marcus Huemer
Flöte Anja Baldauf
Horn Claudia Bär
Schlagzeug Stefan Greussing
Dirigent Thomas Gertner

Rudi Spring - Duo für Violine und Violoncello 8'
Violine Hannah Weirich
Violoncello Jessica Kuhn

Michael FP Huber – Cervo Scarabo op.46 für Holzbläsersextett   18' 
Oboe Heidrun Pflüger
Flöte Anja Baldauf
Klarinette Markus Beer
Klarinette Emil Scheibenreif
Fagott Rüdiger Schwedes
Horn Zoltan Holb

Peter Engl - Nachtfalter (UA) 7'
Mezzosopran Nina Amon
Flöte Anja Baldauf
Klarinette Emil Scheibenreif
Viola Andreas Ticozzi
Kontrabass Marcus Huemer
Dirigent Thomas Gertner

Richard Dünser – Ode an den Regen für Violine und Violoncello  14'
Violine Hannah Weirich
Violoncello Jessica Kuhn

Herbert Willi - Stück für Klarinette solo 6'
Klarinette Markus Beer

Wladimir Rosinskij - Musik für drei Bratschen  25'
Viola Gyöngyi Ellensohn
Karoline Kurzemann-Pilz
Andreas Ticozzi

Luigi Nono – Post-Praeludium per Donau für Tuba und Live-Elektronik  13'
Tuba Karlheinz Siessl
Live Elektronik Günther Zechberger

Gerda Poppa – Trio für Violine, Viola und Klavier 7‘ (UA)
Violine Anita Martinek
Viola Andreas Ticozzi
Klavier Yukie Togashi

Herbert Willi - Stück für Flöte solo  7'
Flöte Anja Baldauf

Rolf Rudin – Erscheinungen für Viola und Klavier 20‘
Viola Andreas Ticozzi
Klavier Yukie Togashi

Gerald Futscher – La mosca  für Viola und Tonband 8'
Viola Andreas Ticozzi