Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Fritz Jurmann · 26. Sep 2012 · Musik

Pressegespräch vor Beginn der Saison: Das Symphonieorchester Vorarlberg hat ein treues Publikum und ernste finanzielle Sorgen

„Ich warte jedes Jahr darauf, dass die mich rausschmeißen!“ Das war bei einem Pressegespräch des SOV am Mittwoch in Bregenz die spontane Antwort von Chefdirigent Gérard Korsten auf die Frage, wie lange er denn noch seine Position beim Symphonieorchester Vorarlberg zu behalten gedenke.

Immerhin arbeitet er seit 18 Jahren mit dem Orchester zusammen, seit sieben Jahren ist er dessen Chef. Die Antwort ist wohl der beste Beweis für die gute Atmosphäre, die in diesem Klangkörper heute unter seiner Führung herrscht. „Ich habe keinen Vertrag mit dem Orchester, nur eine mündliche Abmachung, aber so lange das so gut geht wie jetzt, machen wir weiter. Ich spüre viel Zustimmung der Musiker zu meiner Arbeit und viel Enthusiasmus in dem, was wir gemeinsam erreichen möchten.“

Zweitausend Abos sind bereits gebucht

Zwei Wochen vor dem Saisonstart am 11. Oktober in Feldkirch ging es bei den Verantwortlichen Gérard Korsten und Geschäftsführer Michael Löbl vor allem um die derzeitige Situation und aktuelle Anliegen des Symphonieorchesters Vorarlberg. Das Erfreuliche vorweg: Die Abonnenten sind ihrem Orchester auch weiterhin treu geblieben, 2.000 haben wieder ihre fixen Konzertplätze in Bregenz, Feldkirch und im Bregenzerwald gebucht. Dabei hat es für die Konzertfreunde im Raum Feldkirch auch keine Rolle gespielt, dass durch den Wegfall des Montforthauses als Konzertsaal nun jedes Konzert zwei Mal im kleineren Konservatoriumssaal gespielt wird bzw. bei größeren Besetzungen zweimal ins Bregenzer Festspielhaus ausgewichen werden muss.

Ernste Sorgen bereitet den Verantwortlichen dagegen die finanzielle Situation des SOV. Man möchte gerne wieder einmal mit einer Oper ins große Festspielhaus gehen, verstärkt Jugendarbeit betreiben und vor allem die seit 20 Jahren auf gleicher Höhe belassenen Honorare der professionell tätigen Musiker von 50 Euro pro Probe und 80 Euro pro Aufführung endlich auf ein vernünftiges Niveau anheben. Auch zwei weitere Konzertproduktionen neben den sechs bestehenden pro Jahr sind angedacht, bei denen man neues Repertoire ausprobieren könnte. An all dies ist im Moment nicht zu denken, obwohl man selber ein Einspielergebnis von zwei Dritteln der Kosten erbringt und das Land seine Subvention von 405.000 Euro im Vorjahr bereits auf heuer 430.000 Euro aufgestockt hat.

Es ist zu befürchten, so Orchestersprecher Markus Ellensohn, dass die guten Leute im Orchester unter diesen Umständen an weit besser dotierte Stellen bei Orchestern in Liechtenstein oder der Schweiz abwandern und damit das unbestritten hohe Niveau des Orchesters auf Dauer gefährdet scheint. Da ist wohl erneut das Land gefordert, denn potente Sponsoren, die wirklich etwas Greifbares beisteuern, so Löbl, sind in der derzeitigen Wirtschaftslage selten geworden. Überlegungen sind jedenfalls im Gange.

Korsten holt sich Konkurrenz ins Haus

Gérard Korsten will bei den fünf Konzerten und der Oper pro Saison bewusst auch andere Dirigenten einbinden, „auch wenn sie berühmter oder besser sind als ich“, wie er mit einem Augenzwinkern bemerkt. So wird Kirill Petrenko trotz seiner enormen weiteren Verpflichtungen mit dem „Ring“ in München und Bayreuth im Wagner-Jahr 2013 den Mahler-Zyklus „9x9“ mit dem SOV fortführen – im November ist man heuer bei Symphonie Nr. 4 angekommen. Offen ist nur noch, ob sich für die monumentale Symphonie Nr. 8 im Land ein geeigneter Saal findet. Und man hat mit dem Operndirigat in dieser Saison mit Verdis „La Traviata“ im Februar den im Land als Dirigenten noch relativ unbekannten Dornbirner Cellisten Thomas Platzgummer betraut, den meisten als perfekter Continuo-Spieler bei „Concerto Stella Matutina“ in Götzis bekannt. Michael Löbl: „Der hat beim Feldkirch Festival ein Konzert unter schwierigsten Umständen, mit einem unwilligen Orchester und einer zickigen Solistin, zu einem tollen Ergebnis gebracht und auch auswärts bereits einschlägige Erfahrungen gesammelt. Das war für uns Grund genug, ihn mit dieser Aufgabe zu betrauen.“

Einen neuen Weg will man diesbezüglich auch gleich mit dem ersten Konzert dieser Saison beschreiten. Erstmals in der Geschichte des SOV wird ein „dirigierender Pianist“ am Werk sein, der bekannte Deutsche Alexander Lonquich, der in der seit Mozarts Zeiten bekannten Kapellmeistermanier vom Klavier aus, mit dem Rücken zum Publikum, das Orchester dirigieren und gleichzeitig den Solopart spielen wird. Das bedeutet bei Werken von Mozart und Beethoven viel neue und ungewohnte Eigenverantwortung für den Konzertmeister und die Musiker.

Vorbehalte gegen Vorarlberger Komponisten

Korsten ist durchaus ein Freund guter neuer und aktueller Musik, Vorbehalte hat er  allerdings bei der Programmierung von Werken von Vorarlberger Komponisten,  sicherlich auch eine der Aufgaben eines „Landesorchesters“: „90 Prozent der Werke von Vorarlberger Komponisten, die ich einstudiert und aufgeführt habe, kann man vergessen.“ Auch Gerold Amann, von dem man zu seinem 75. Geburtstag im Oktober ein Werk in einem SOV-Konzert vermisst, gehört für ihn in diese Kategorie, gelten lässt er dagegen einen Herbert Willi oder Richard Dünser. Immerhin aber hat man sich beim Symphonieorchester Vorarlberg zu einem Auftrag für ein Stück für das solistisch eingesetzte Ensemble „Sonus Brass“ und das Orchester an einen Vorarlberger Komponisten entschlossen. Wer der Glückliche sein wird, steht noch offen.

Erstes Abo-Konzert des Symphonieorchesters Vorarlberg:
11. und 12. Oktober Feldkirch, Landeskonservatorium
14. Oktober Bregenz, Festspielhaus
Beginn jeweils 19.30 Uhr
Dirigent und Klaviersolist: Alexander Lonquich (Klavierkonzerte von Beethoven und Mozart)

www.sov.at

www.v-ticket.at