Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Silvia Thurner · 14. Jun 2014 · Musik

Rollentausch und solistisches Wetteifern – Das "Concerto Stella Matutina" und Wolfram Schurig faszinierten mit einer erfrischenden Spielart

Das „Concerto Stella Matutina“ ist bekannt für die hohe Qualität seiner Abonnementkonzerte. Doch beim Konzert unter dem Motto „Der getreue Musikmeister“ herrschte eine besondere Hochstimmung, die die Messlatte noch einmal in die Höhe schraubte. Ausschließlich Konzerte von Telemann standen auf dem Programm, das vom Komponisten und Blockflötisten Wolfram Schurig zusammengestellt und geleitet wurde. Er holte viel aus seinen Musikerfreunden heraus, alle musizierten mit großer Eigenverantwortung und die Werkdeutungen entwickelten einen mitreißenden Drive.

Vordergründig betrachtet wirkte das reine Telemannprogramm mit vier Konzertkompositionen, alle in F-Dur, mitunter etwas eindimensional. Aber genau in dieser Werkkombination lag der Reiz. Sie bot dem „CSM“ und Wolfram Schurig die Gelegenheit, die vielgestaltigen musikalischen Einfälle Telemanns in den Vordergrund zu stellen. Dies gelang den MusikerInnen auf eine bewundernswert lebendige und ausdrucksstarke Art.

Ein herausragendes Ereignis


Schon lange habe ich das Barockorchester nicht mehr derart schwungvoll musizieren gehört. Einige Tanzsätze waren zu hören, aber allein daran lag es nicht, dass sich ein so mitreißender Groove einstellte. Die Interpretationen zeichneten sich durch unterschiedlichste Klangkombinationen und solistische Aufgabenteilungen aus, die die MusikerInnen fantasievoll ausschöpften. Eine besondere Rolle nahmen die Hörner mit ihrer launigen Klanggebung ein. Herbert Walser und Bernhard Lampert spielten die Themen souverän und bestachen durch ihre Virtuosität. Ebenso in Szene setzten sich die Cellisten Thomas Platzgummer und Gerlinde Singer. Wenn immer ihnen die Gelegenheit geboten wurde, traten sie selbstbewusst in den Vordergrund. Ebenso plastisch formten die Oboisten Ingo Müller und Elisabeth Baumer ihre solistischen Parts aus. Besondere Aufmerksamkeit lenkte die Continuogruppe mit dem herausragenden Violonisten Armin Bereuter sowie Johannes Hämmerle am Cembalo und Barbara Meditz am Fagott auf sich. Sie trugen alle Werkdeutung mit einem starken Fundament und aussagekräftigen Akzentuierungen. Wie gewohnt verlässliche Partner waren die StreicherInnen an den Violinen und den Bratschen.

Vielseitig


Wolfram Schurig stand als Blockflötist und musikalischer Leiter im Mittelpunkt des anregenden Konzertabends. Gemeinsam mit Barbara Meditz musizierte er das Concerto à 6 (TWV 52:F1). Die seltene Kombination von Altblockflöte und Fagott bot vor allem in der lyrisch gestalteten Einleitung schöne Klangfarbenmischungen. Die Motive wurden hier aneinandergereicht, unerwartete Abbrüche und der Neubeginn eines anderen musikalischen Gedankens boten viel Abwechslung. Im virtuos gestalteten zweiten Satz gab es mehrere Rollentausche und die Musik entwickelte sich in einem guten Dialog zwischen den Soloinstrumenten und dem Orchester. Den Höhepunkt der feinsinnigen Werkdeutung stellte das Grave dar. Der achtsam gestaltete schreitende Rhythmus bot eine gute Grundlage für die melodietragende Flöte und das Fagott. Ein humorvolles Spiel, in dem sich die einzelnen Stimmengruppen die Bälle zuwarfen und die Soloinstrumente sich girlandenartig umfingen, bildete den Abschluss dieses anregenden Werkes.

Kammermusikalisch war das „Concerto à 3“ (TWV 42:F14) angelegt, das Wolfram Schurig und Herbert Walser sowie Barbara Meditz und Johannes Hämmerle gut aufeinander abgestimmt musizierten.

Unterschiedliche Rollenverteilungen


Die Eckpfeiler des Abends bildeten das „Concerto à 10 (TWV 54:F1) und die Ouvertüre (TWV 55:F3). Beides waren im Hinblick auf die Melodiebildungen, die Modulationen sowie die unterschiedlichen Rollenverteilungen und Verbindungen zwischen den einzelnen Instrumenten anregende Kompositionen. Zahlreiche musikalische Ideen boten viel Abwechslung. Um nur einige aus dem zuerst gespielten Werk zu nennen: Die virtuosen Hornpassagen, der eigenwillige Charakter des Scherzando, die Celli, die aus dem Basso Continuo ausbrachen, der tänzerische Schwung der Wechseltonmotive in der Bourrée sowie der höfische Charakter der Loure und die temperamentvolle Jagdstimmung in der Gigue kamen gut zur Geltung.

Charakterwechsel


Ebenso viele Anreize beinhaltete die zum Abschluss musizierte Ouvertüre, in der beispielsweise die Sarabande mit einem atmenden Duktus musiziert wurde. Die Oboensoli lenkten im Menuet die Aufmerksamkeit auf sich. Zweitonmotive im Wechsel zwischen Streichern und Hörnern brachten auch den humorvollen Charakter des Georg Philipp Telemann zum Ausdruck. In der Fanfare wollten die schmetternden Hörner vorgeben, wo es lang ging, doch die Streicher boten Paroli mit plastisch ausgeformten, gegenläufigen Motiven.

Das Publikum in der voll besetzten Kulturbühne AmBach applaudierte begeistert.