Über Grenzen hinweg – die Pianistin Rüya Taner begeisterte mit einem stimmungsvollen Klavierrezital
Die zypriotisch-türkische Pianistin Rüya Taner spielte auf Einladung des türkischen Generalkonsulates in der Vorarlberger Landesbibliothek ein Klavierrezital mit einem erlesenen Programm. Im Mittelpunkt stand die Komposition „Gates“, die Kamran Ince im Auftrag von Rüya Taner komponiert hatte. Darin wurden unter anderem musikalische Gegensätze ausformuliert, die auch als Anspielung auf den Zypernkonflikt gedeutet werden konnten. Die feinsinnige Spielart der Pianistin und weitere Werke von Syram Akdil, Zoltan Kodaly und Anthony Herschel Hill sowie Debussy und Beethoven ergaben einen vielgestaltigen Konzertabend.
Viele der dargebotenen Werke stammen aus unterschiedlichen Kulturkreisen und von Komponisten unterschiedlicher Länder. Grenzüberschreitungen im wörtlichen Sinn und innermusikalisch betrachtet wollte Rüya Taner mit dieser Werkauswahl verdeutlichen. Von Beginn an ließ ihre differenzierte Anschlagskultur und Pedaltechnik aufhorchen. Mit den nicht ganz unproblematischen Bedingungen im Kuppelsaal kam die Pianistin sehr gut zurecht und sie spielte stets bedacht auf die hallige Akustik.
Musik mit Hinweischarakter
Kamran Ince komponierte im Jahr 2003 das aussagekräftige Werk „Gates“, in dem er unterschiedliche musikalische Schichten miteinander kombinierte, kontrastierte und zueinander in Beziehung setzte. In ein mehrmals wiederkehrendes, thematisches Gegensatzpaar wurden choralartige Abschnitte eingebettet und Spieltechniken im Korpus des Klavier imaginierten die typischen türkischen Instrumente Saz, Ney und Tambour. Rüya Taner fesselte mit ihrem Spiel die Zuhörenden und stellte eine plastisch ausgeformte und eindringliche Werkdeutung in den Raum. Vor allem das Wissen darüber, dass die Solistin eine türkische Zypriotin ist, verstärkte die Intensität und den individuellen Interpretationsspielraum der spannungsgeladenen Themenführungen.
Volksmusik in Kunstmusik
Von Sayram Akdil erklang das sechste Stück aus den „Piano Pieces“. In einem vorwärts drängenden melodischen Fluss kamen die prägnant gesetzten Sekundintervalle und volksliedartigen Idiome zum Ausdruck und verliehen der Musik einen orientalischen Touch. Das poetisch angelegte Werk „Litany“ des britischen Komponisten Anthony Herschel Hill erklang transparent in der Linienführung, so dass die liedartigen Entwicklungslinien gut nachvollziehbar und mitteilsam wirkten.
Farbenreich und mitteilsam
Einleitend musizierte Rüya Taner die Sonata (WoO51) von Ludwig van Beethoven. In Debussys „Images Book 1“ modellierte sie farbenreiche und bis ins Detail ausgestaltete musikalische Bilder. „Reflects dans l’eau“ wurden in einem guten Ausgleich zwischen den tiefen und den hohen Registern geformt und im Mouvement setzte die Pianistin viel Energie frei und kristallisierte das kraftvoll archaische Hauptthema heraus. Die einzelnen thematischen Gedanken in Zoltan Kodalys „Marosszéker Tänzen“ spielte Rüya Taner vertieft in die Musik und kehrte damit den gesanglichen Charakter der ursprünglichen ungarischen Volksmusik ausdrucksstark heraus.
Das anschließende Buffet mit türkischen Spezialitäten rundete den Konzertabend als gelungenes Ganzes ab.