Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Thorsten Bayer · 10. Aug 2014 · Musik

Ungestüme ghanaische Lebensfreude am Wälderbähnle: ein fulminanter Abschluss der Bezau Beatz in einer ungewöhnlich stimmigen Kulisse

Die Bezau Beatz 2014 sind am gestrigen Samstagabend mit drei hochklassigen Konzerten zu Ende gegangen. In diesem Jahr hat der künstlerische Leiter Alfred Vogel die ursprüngliche Sommer-Konzertreihe zu einem dreitägigen Festival gemacht, das er zudem in die Remise des Wälderbähnles verlegt hat – ein Erfolg auf ganzer Linie. Der Besucherandrang war auch gestern riesig, die Begeisterung auf Seiten der Künstler und der Besucher ebenso.

Schon bevor die ersten Live-Töne des Abends erklingen, fällt die Gesamtbilanz des Festivalleiters äußerst positiv aus. „Das Format von Donnerstag bis Samstag hat sich bewährt“, sagt der 42-Jährige mit breitem Lächeln, „es passt alles. Im nächsten Jahr machen wir das wieder hier.“ Die folgenden Auftritte sollen seine Einschätzung bestätigen. Den Anfang macht Peter Evans aus New York. Virtuos, tempo- und variationsreich holt Evans alles aus seinen Trompeten raus – und noch ein bisschen mehr. Schließt man die Augen, meint man, es mit deutlich mehr als nur dem einen bescheiden auftretenden Musiker zu tun zu haben. Natürlich klingt da immer eine Trompete durch, aber dazu baut er noch auf kunstfertigste Weise weitere (perkussive) Stimmen mit ein. Wie zum Teufel macht er das bloß? Auf jeden Fall mittels einer überragenden Atemtechnik, die ihm seine erstaunlich ausdauernden Stücke ermöglicht. Seinen vielumjubelten Abgang kommentiert Alfred Vogel mit einem Augenzwinkern: „Das ist unsere Antwort auf das Woodstock der Blasmusik!“

Hendrix Ackle

Die Organisation eines Festivals ist die eine – umfangreiche – Aufgabe, der eigene Auftritt eine andere. Einen Gig gönnt sich Alfred Vogel auch heuer. Oder wie er es formuliert: „Ich belohne mich selbst.“ Dieses Mal setzt er sich an der Seite von Bandleader und Pianist Hendrix Ackle hinter sein Schlagzeug. Es dauert nur wenige Augenblicke, bis Ackle mit seiner vollen, warmen Stimme das Publikum umhüllt, während sich Alfred Vogel, Oli Hartung an der Gitarre und Wolfgang Zwiauer (Bass) ganz in die jazzigen Songs versenken. Nach dem experimentellen Auftakt mit Peter Evans setzen sie auf gefällige, aber alles andere als seichte Songs. Alfred Vogel hält sich, ganz Gentleman, im Hintergrund und lässt seine Bandkollegen glänzen, allen voran Wolfgang Zwiauer. „Als einzige, grandiose Operation am offenen Herzen“ beschreibt der Pressetext die Konzerte des Schweizers Ackle treffend. Als „Musician’s Musician“ hat ihn die Aargauer Zeitung bezeichnet: „Geliebt und geachtet von den Musikern, hoch gehandelt als einer der talentiertesten Sänger der Schweiz, dessen dunkle, warme Bariton-Stimme an die New-Orleans-Legende Dr. John erinnert.“ Über die Aufnahmen zu seinem 2013 erschienenen Soloalbum „Logbook“ sagte er: „Wir spielten wie in einem Balladenfilm, denn plötzlich wurden auch die in Midtempo angedachten Stücke langsamer und verwandelten sich in Balladen.“

Kofi Quarshie: Der König kommt zum Schluss

Kofi Quarshie, ein „alter, guter Freund“ (Alfred Vogel), spielt bereits zum zweiten Mal in Bezau. Der erste Auftritt vor drei Jahren fand noch am Dorfplatz statt, heute Abend ist die Wälderbähnle-Remise der Schauplatz seiner energiegeladenen Show. Für die Veranstalter ist der Ghanaer mit seiner Agoo Group der unbestrittene „King of Bezau Beatz“. Wie in einer Prozession zieht die fünfköpfige Band in bunten, fanstasievollen Kostümen gegen 23.15 Uhr in den „Konzertsaal“ ein. Ein Tänzer animiert das Publikum. Neugierige Blicke und gespannte Erwartung im Publikum. Nach ihrem Auftakt vor der Bühne besteigen die Musiker anschließend das Podium und werden von einem Bassisten sowie einem Gitarristen verstärkt. Kofi selbst bearbeitet die Congas. An seinem rechten Handgelenk trägt er ein Schweißband mit der ghanaischen Nationalflagge in rot-gelb-grün. Neben Stücken aus seinem Heimatstaat spielt er auch Songs aus anderen Gegenden Afrikas, zum Beispiel einen temporeichen Tanz aus Botswana.

Als „buntes, niveauvolles und unterhaltsames Programm jenseits des Mainstream, für Menschen mit offenen Ohren und offener Geisteshaltung“ sehen sich die Bezau Beatz. Ein Anspruch, der in diesem Jahr voll aufgegangen ist – was dem Festival, seinen Machern und Besuchern auch in den folgenden Jahren nur zu wünschen ist.