Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Dagmar Ullmann-Bautz · 08. Mär 2013 · Theater

Großer Applaus für einen großen Theaterabend! – das Theater Kosmos zeigt die österreichische Erstaufführung von „Muttersprache Mameloschn“

Am Vorabend des internationalen Frauentags präsentiert das Theater Kosmos treffend ein Stück von und über Frauen. Drei Frauen tragen einen Generationenkonflikt zur Schau, der durch ihre jüdischen Wurzeln natürlich sehr speziell ist, aber in seiner Austragung allgemeine Gültigkeit hat und Betroffenheit evoziert. „Muttersprache Mameloschn“ von Marianna Salzmann ist ein sprachlich höchst poetisches Stück, exakt durchkomponiert, ein Stück das ohne Effekthascherei sehr klug und mit feinem Witz die Geschichte einer jüdischen Familie in der DDR erzählt. Marianna Salzmann wurde 1985 in Wolgograd geboren und wuchs in Moskau auf. Als sie 10 war emigrierte ihre Familie nach Deutschland. Sie studierte Literatur, Theater, Medien und szenisches Schreiben. Ihre Stücke werden an großen Häusern, wie dem Deutschen Theater Berlin, uraufgeführt, hochgelobt und mit Preisen geehrt.

Als Inspiration diente der Autorin ihre eigene Geschichte, die Geschichte einer jüdischen Migrantin, die in einem sozialistischen Staat aufwuchs, als auch die Biografie der jüdischen Sängerin Lin Jaldati, einer Tänzerin und überzeugten Kommunistin, die den Holocaust, sowie die Säuberungskampagnen in der DDR überlebt hat.

Drei starke Frauen

Lin, die Großmutter, wird von Juliane Gruner gespielt, wunderbar und berührend, mit einer großartigen Kraft, die sich aus Lins Geschichte - dem jahrelangen Überlebenskampf nährt. Die Bühne, das Kabarett war ihr Zufluchtsort, der Raum, der ihr die Kraft verlieh, wo sie Anerkennung und Bewunderung fand. Ihre Tochter Clara grenzt sich zwar eindeutig und klar gegen die Ideologien ihrer Mutter und auch gegen das jüdisch sein ab -  ist aber in der Struktur verhaftet und hat es nie geschafft sich wirklich loszulösen. Das tun dafür ihre Kinder, David ist schon vor vielen Jahren in einen Kibbuz verschwunden und Rahel gerade dabei für längere Zeit nach New York auszuwandern. Barbara Gassner verkörpert Clara mit einer Ausdrucksstärke, die ihre Ängste, ihre Sorgen greifbar und geradezu körperlich spürbar werden lassen. Herrlich auch das Spiel von Maria Perlick, die ihrer Figur Rahel genau die richtige Portion an jugendlicher Neugier und Lebensfreude verleiht.

Vorhang auf!

Alle drei Frauen suchen und kämpfen um ihre Identität, sie wollen gehört, gesehen und geliebt werden. Und genau dem trägt die Inszenierung von Barbara Schulte und die Bühne/Licht von Stefan Pfeistlinger Rechnung. Die Szenerie ist einfach - eine Bühne mit rotem Vorhang und dahinter nochmals eine Bühne mit rotem Vorhang und dahinter schließlich noch ein dritter. So einfach das klingt ist es und so effektiv. Einerseits bildet die Bühne den Raum, der Lin durch alle schweren Jahre getragen hat, andererseits bietet er allen drei Frauen ihre Auftritts-, ihre Präsentationsflächen. Um das noch zu verstärken unterstützt Regisseurin Barbara Schulte ihre Spielerinnen mit dem Einsatz von Mikrofonen, die immer dann Verwendung finden, wenn besondere Aufmerksamkeit gewünscht ist und Akzente gesetzt werden sollen. Und das ist relativ häufig der Fall.

Viel Applaus für kluge Inszenierung

Schulte hat den klugen Text auch klug umgesetzt, ganz pur ohne großartige Aktionen lässt sie den Schauspielerinnen viel Raum, den diese auch zu nutzen wissen. Sie öffnet die Bühne weit in den Zuschauerraum hinein und verstärkt damit die Sogwirkung des Textes und des Spiels nochmals um ein Vielfaches. Das musikalische Konzept von Patrick Jurowski verschärft die Szenerie - besonders in den berührenden Momenten. Jede Einspielung ist von fühlbarer Sensibilität geprägt.

Das Publikum bedankte sich mit begeistertem Applaus für den berührenden und unterhaltsamen Theaterabend, für die großartigen schauspielerischen Leistungen und für eine Geschichte, die wir so schnell nicht vergessen werden.