Neu in den Kinos: "Die Unschuld" (Foto: Wild Bunch Germany/Plaion Pictures)
Dagmar Ullmann-Bautz · 29. Mai 2014 · Theater

Musiktheater vor überwältigender Naturkulisse - Vorarlberger Landestheater in Bildstein

Kein Bühnenbildner hätte ein schöneres, beeindruckenderes Bild gestalten oder entwerfen können als diese gigantische Naturkulisse. Auf dem Platz vor der Wallfahrtskirche Maria Bildstein feierte "Das große Welttheater" von Calderón de la Barca gestern Abend Premiere. Wie es schon Tradition ist wird die letzte Produktion der laufenden Saison des Vorarlberger Landestheater auf einer Außenspielstätte gezeigt. Ob das Stück für diesen wunderbaren Ort oder der Ort für das Stück gesucht bzw. gefunden wurden, sei hier nicht erörtert. Eines ist aber ganz klar - die Kombination, auch im Hinblick auf die klassische Inszenierung, ist ganz fantastisch gewählt und gelungen.

Verständliche Sprache


Regisseur Michael Wallner, der auch für die Bearbeitung des Textes verantwortlich zeichnet, hat sich für eine klassische Inszenierung ohne große Brüche, sehr nah am Autor, entschieden. Einzig den Text hat er sehr klug und einfühlsam entromantisiert, in eine heute leicht verständliche Sprache transponiert und zwei bei de la Barca männliche Figuren weiblich besetzt, der Schöpfer wurde zur Schöpferin und die Vernunft tritt anstelle des Weisen.

Von der Wiege zum Grab


Calderón de la Barca übersetzt den Gedanken "der Bretter, die die Welt bedeuten" ins wirkliche Leben, zeigt das Leben als Spiel und die Welt als Bühne. Der Schöpfer, hier die Schöpferin, verteilt scheinbar wahllos die Rollen. Manche sind glücklich mit der ihnen zugeteilten Rolle, andere beklagen sich, hadern mit sich und der Welt. Am Ende entscheidet die Schöpferin, wer seine Rolle gut gespielt hat und somit zum Fest geladen wird und wer nicht. Jeder hat nur eine Chance für diesen einen Weg von der Wiege zum Grab. Am Schluss verlassen wir die Bühne des Lebens genauso nackt, wie wir sie betreten haben.

Schöne Ensembleleistung


Man darf und muss sich wohl fragen, warum die Regie die sehr katholische Botschaft des Stückes niemals in Frage stellt, sondern zum Teil noch verstärkt. So ist das Feuer am Ende der Inszenierung zwar recht imposant und verfehlt auch nicht seine theatrale Wirkung, wirkt aber als Darstellung des Fegefeuers, in das der Reiche am Ende seines Lebens geschickt wird, doch sehr eindimensional. Auch die Figur der Vernunft, die von Katrin Hauptmann mit größter Intensität, stimmlicher Kraft und gesanglichem Können großartig dargestellt wird, bleibt in der Formulierung durch die Regie in ihrer Härte, Steifheit und Frömmigkeit bisweilen etwas plakativ. Sowohl mit ihrer wunderbaren Stimme als auch ihrer spielerischen Ausdruckskraft brilliert Isabel Hindersin in der Rolle der Schönheit. Die Rolle des Königs wurde Andreas Jähnert zugeteilt, der in seiner Jugendlichkeit doch eher an einen Prinzen erinnert. Sein komisches Talent verleiht der Figur einen gewissen Charme, den er beim Singen leider wieder einbüßt. Stefan Bräuler als Bauer ist eine kraftvolle, großartige Besetzung, während Burkhard Wolf zwar als Schauspieler in der Figur des Reichen zu überzeugen weiß, nicht aber als Sänger. Den Armen verkörpert Sebastian M. Winkler und Pia Malang ist als engelsgleiches Kind zu erleben. Herrlich lebendig, mit einer beachtlichen Vielschichtigkeit und dem Schalk im Nacken agiert Stephan Bieker als El Mundo, die Welt, die sich als Theater präsentiert. Die Schöpfung, im Programm auch als Mutter Natur bezeichnet, erscheint dagegen sehr streng und in ihrem goldenen Kostüm mehr als starre Skulptur, denn als Lebensspenderin. Martina Gemeinder leiht der Schöpfung ihre erlesene Gesangsstimme.

Wunderbare Musik und dezentes Bühnenbild


Die von einem kleinen Orchester live gespielte Musik, komponiert von Markus Nigsch, begeistert unter der musikalischen Leitung von Werner Lemberg. Einfühlsam, ohne sich aufzudrängen, begleitet die Musik das Schauspiel und unterstützt die Figuren und ihr Handeln. Dezent und bescheiden, mit großem Respekt vor der Naturkulisse, kommt das Bühnenbild der Architekten Cukrowicz Nachbaur daher. Ein Stapel Europaletten, der von den Schauspielern einiges an Kraft abfordert, wenn sie damit einen Steg oder einen Thron bauen. Die Musiker sitzen in einem Container, der genauso die Welt bereist wie auch die Paletten - ein sehr schönes und angemessenes Bild. Die Kostüme von Tanja Liebermann sind klassisch, jedoch nicht immer ganz nachvollziehbar.

Das Vorarlberger Landestheater beendet eine sehr erfolgreiche Saison mit einem imposanten Musik-Theater-Spektakel und erntet dafür begeisterten Applaus.