Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Dagmar Ullmann-Bautz · 25. Jän 2014 · Theater

"Und dennoch liebe ich" - Ein jüdisches Schicksal am Vorarlberger Landestheater

Am Freitag feierte das Klassenzimmerstück "Das ist Esther" von Christiane Richers zwei Premieren. Am Vormittag die Schulpremiere in der BHAK in Bregenz, am Abend im Kleinen Haus des Landestheaters.

Esther Bauer, 1924 geboren als Tochter der Ärztin Marie-Anna Jonas und des Schulleiters der israelitischen Töchterschule in Hamburg Dr. Alberto Jonas. Während ihr Vater ein frommer und strenger Mann war, hatte ihre Mutter, wie Esther Bauer heute sagt, keine Ahnung vom Judentum.

Viel beachtete Rednerin


Im Sommer 1942 wurde die Familie nach Theresienstadt deportiert.
Dort heiratete Esther Jonas einen jungen Tschechen. Kurze Zeit nach der Hochzeit wurden beide nach Auschwitz deportiert. Ihren Mann sah sie nie wieder, sie selbst entkam dem Tod nur durch Zufall. Gemeinsam mit anderen arbeitsfähigen Frauen wurde sie in eine Flugzeugfabrik nach Sachsen gebracht und anschließend nach Mauthausen, wo sie am 5. Mai 1945 von der US-Armee befreit wurde. Im Juli 1946 wanderte sie in die USA aus und ließ sich in New York nieder. Am Tag ihrer Ankunft lernte sie ihren zweiten Mann kennen, einen deutschen Juden, der bereits 1936 ausgewandert war. Sie heirateten 1948 und bekamen einen Sohn, Larry.

Seit den achtziger Jahren tritt Esther Bauer als beachtete Rednerin an Schulen und Universitäten in den USA und Deutschland sowie bei Gedenkveranstaltungen in ehemaligen Konzentrationslagern auf. Im Jahre 2007 erhielt sie das Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland.

Spannender Text


Die Hamburger Autorin und Regisseurin Christiane Richers hat mit "Das ist Esther" einen spannenden Text für ein junges Publikum geschrieben. Die fiktive Enkelin Mary Anne (dargestellt von Alexandra Maria Nutz) erzählt die Geschichte der realen Esther Bauer. Konzipiert als Klassenzimmertheater, tritt Mary Anne in den Raum und erklärt, dass ihre Granny noch verhindert sei, sie habe sich nur kurz hingelegt, um sich ein wenig zu erholen.

Das Leben, ein Geschenk


Dann beginnt Mary Anne zu erzählen, vom Transport nach Theresienstadt bis hin zur Auswanderung nach New York. Dazwischen dokumentieren Originalaufnahmen und Fotos der Esther Bauer die Geschehnisse. Und genauso wie Esther Bauer niemals anklagte, sondern mit großem Lebensmut das Leben immer wieder als Geschenk erlebte, sich immer wieder verliebte, so erzählt auch Mary Anne mit jugendlichem Charme, berührend und bewegend von dieser unmenschlichen, grauenhaften Zeit.

Leichtigkeit und Tiefe


Alexandra Marie Nutz trifft wunderbar den Ton der jungen Mary Anne, spielt mit einer Leichtigkeit, hinter der eine große Tiefe fühl- und erkennbar ist. Unmittelbar spürt man die große Liebe und Wertschätzung, die die Enkelin für ihre Großmutter hegt.

Großer Applaus


Tobias Materna, der sich in den letzten Jahren als Garant für sauber gearbeitete Inszenierungen erwies, führte auch diesmal mit sachkundiger Hand Regie, mit optimaler Figurenführung und unaufdringlicher Ästhetik.

Großer Applaus im restlos ausverkauften Kleinen Haus für die Darstellung und Inszenierung einer großartigen, einer wichtigen, einer notwendigen Geschichte!

 

Das Stück kann als Klassenzimmertheater gebucht werden:
Kontakt: Nina Kogler
nina.kogler@landestheater.org