Derzeit in den Vorarlberger Kinos: The Zone of Interest (Foto: Filmcoopi Zürich)
Dagmar Ullmann-Bautz · 24. Jun 2015 · Theater

Von großen und kleinen Räumen - Uraufführung im Frauenmuseum in Hittisau

Berührend, witzig und spannend war der gestrige Theaterabend im Frauenmuseum in Hittisau. Die Koproduktion "The wind in my heart. Das Dach über mir." von walktanztheater.com und Frauenmuseum Hittisau feierte seine bis auf den letzten Quadratzentimeter ausverkaufte Premiere.

Der Theaterabend ist das komprimierte Ergebnis aus Gesprächen und Interviews mit 15 Frauen aus dem gesamten Bregenzerwald. Sozusagen ein Forschungsprojekt zum Thema Wohnen, daheim sein, Platz und Raum haben, wohlfühlen, sich fremd fühlen, Tradition und Moderne.

Großartige Schauspielerin


Während das Publikum eingelassen wird, haben die zwei Protagonisten schon auf dem Bänkchen Platz genommen, schauen zufrieden in die Ferne. Helga Pedross und Johannes Bär sitzen dort und warten, warten geduldig, bis auch der letzte Zuschauer Platz genommen hat, das Licht ausgeht, die Scheinwerfer erstrahlen. Das Spiel beginnt.

Helga Pedross schlüpft in fünf ganz unterschiedliche Frauenrollen, erzählt jeweils aus der Ich-Perspektive, unprätentiös, authentisch, einfühlsam, mit Humor und Esprit. Sie verleiht jeder Frau einen ganz persönlichen Stil in Haltung, Sprache und Ausdruck, ist genauso der 18-Jährige Teenager wie die 50-jährige Frau aus Bosnien. Besonders beeindruckend ist die Geschichte der von der Gesellschaft ausgeschlossenen "Ehebrecherin", von der man sehr gerne mehr erfahren hätte. Die vier Wände, die Schutz gewähren, die Höhle, die Rückzugsort, aber auch Gefängnis sein können, sind Thema der Geschichten, egal ob in einem  großen Haus oder einer kleinen Wohnung, in einem alten traditionellen, oder in einem neuen modernen Haus verortet.

So verschieden die Frauen und ihre Geschichten sind, so ähnlich sind sie sich auch wieder. Alle haben einen ausgeprägten Sinn für Heimat und Tradition und gleichzeitig eine Sehnsucht und große Offenheit nach außen.

Musikalische Kostbarkeiten

 

Johannes Bär begleitet die Schaupielerin einfühlsam an der Tuba und ist auch spielerisch präsent als Brückenbauer, Rückhalt und Partner. Sobald Bär seine Tuba in die Hand nimmt, verschmilzt er mit seinem Instrument und spielt die Kompositionen von Cornelius Schwehr mit großer Feinfühligkeit und unglaublich nuanciert. Jedes Musikstück ist eine kleine Kostbarkeit, die auch als solche von Bär präsentiert wird.

Tiefgang und Nachhall

 

Regisseurin Brigitte Walk setzt nicht auf Provokation oder dramatische Knalleffekte, sondern auf Ruhe, auf Genauigkeit und Klarheit, auf die Macht der Worte und Töne, und liegt damit vollkommen richtig. Die Texte gehen tief und hallen nach, und genau das macht diesen Theaterabend so wertvoll.

Die vier flexiblen, in Maueroptik gestalteten Wände unterstützen in ihrer Einfachheit die Inszenierung. Die Kostüme sind genial gewählt, derselbe Stoff und doch nicht ganz, derselbe Schnitt und doch etwas anders. Jede Frau hat ein ähnliches und doch ihr eigenes Kleid, mit Ausnahme der verstoßenen Frau, die gar kein Kleid mehr trägt. Toll erdacht und gemacht von Ausstatterin Elisabeth Pedross.

Am Ende ernten die Schaupielerin, der Musiker, die Regisseurin und die Ausstatterin den verdienten, großen und jubelnden Applaus.

Weitere Aufführungen:
Mittwoch, 25. Juni, Dienstag, 30. Juni jeweils 20 Uhr
Karten: kontakt@frauenmuseum.at, T 0664 88431964