Goat Girl: On All Fours
Manche der zwischen Postpunk, Psychedelic-Rock, Grunge, Indie-Pop und vermehrt eingesetzten Synthesizern und Drum-Machine-Loops angesiedelten Stücke sind aus Jam-Sessions entstanden, für die meisten brachte aber jemand eine zündende Idee mit, die dann kollektiv weiterbearbeitet wurde. Enstanden ist ein witzig-schräges Feuerwerk an kreativen Ideen, mit Überraschungen gespickt – leichtfüßig melodiös, melodramatisch, nachdenklich. Und wenn die großteils musikalisch ausgebildeten Protagonistinnen einmal befürchten, sie könnten zu gefällig klingen, tauschen sie einfach untereinander die Instrumente aus und schon ist für den gewünschten dissonanten Touch gesorgt. Clottie Creams lässig unterkühlt klingender, angenehmer Alt nimmt gefangen, zumal die Texte nicht weniger wichtig sind als die Musik. Ganz im Gegenteil, Goat Girl verstehen sich als eine bewusst politische, links gerichtete Band und befassen sich zwar nicht explizit deklamierend, aber unmissverständlich mit Themen wie Brexit-Wahnsinn, Gentrifizierung, Rassismus, White Supremacy, Turbokapitalismus, Umweltzerstörung oder Transphobie. Die Heimat ist ihnen entfremdet, in ihren Videos – aktuell „The Crack“ und „Sad Cowboy“ – spielen sie gerne mit surrealen, mystisch verbrämten, postapokalyptisch wirkenden Szenarien. Goat Girl beschränken sich aber nicht auf Gesellschaftspolitisches, sondern verpacken auch ungeschminkt ganz Persönliches wie Gewalterfahrungen, Depressionen und Angststörungen in Songs, die mitunter eigenartig beschwingt starten können, um dann ins Düstere umzuschlagen und umso mehr unter die Haut zu gehen. Goat Girl sind einmal mehr am Puls der Zeit – diese Band lassen wir uns auch vom Brexit nicht nehmen!
(Rough Trade/Beggars)