Julian Lage: Squint
Das Trio hat bereits vor zwei Jahren ein erfolgreiches Album mit lauter Cover-Stücken eingespielt und ausgiebig getourt, folglich verstand man sozusagen im kollegialen Blindflug intuitiv aufeinander einzugehen, als es darum ging, den neun Eigenkompositionen von Julian Lage, sowie Mandel/Mercers „Emily“ und Billy Hills Cowboy-Schnulze „Call of The Canyon“ musikalisches Leben einzuhauchen. Lage gelingt es perfekt, seine ausgeprägten Neigungen für eingängiges Song-Writing und inspirierte Jazzimprovisationen unter einen Hut zu bringen. Alles klingt irgendwie ausgefeilt und geht leicht ins Ohr, dennoch steckt hinter allem auch eine gewisse Komplexität, und es stellt sich niemals der Eindruck von Oberflächlichkeit oder gar saitenartistischem Imponiergehabe ein. Klarerweise mangelt es Julian Lage keineswegs an virtuosem Können, aber wie auch sein Mitwirken an diversen Projekten seines unkonventionellen Gitarristen-Kollegen Nels Cline oder des Saxophonisten Charles Lloyd (ebenfalls bei Blue Note) darauf schließen lässt, kommt es ihm immer auch auf einen gewissen musikalischen Tiefgang an. Lage hat sich mehr als ein Jahrzehnt eingehend mit der US-Musikgeschichte befasst und integriert in seinen abwechslungsreichen Mix Elemente aus Rock („Saint Rose“, „Twilight Surfer“) und Blues („Boo’s Blues“), sophisticated Hard-Bop und diverse Americana-Spielarten wie Country oder Bluegrass („Call of The Canyon“). Am Anfang des Albums steht „Etude“, ein solistisch dargebotenes kammermusikalisches Kleinod, wohingegen das Titelstück „Squint“ ziemlich rockig beginnt und dann in rasant swingenden Bop übergeht. Zu besonderen Gustostücken geraten aber auch Balladen wie das gefühlvolle „Emily“, das sich zu einem ekstatischen Höhepunkt erhebende „Day & Age“, oder das düster unterlegte „Quiet Like A Fuse“. Ein konsensfähiges Gitarren-Album, das über alle Stilgrenzen hinweg Freunde finden wird.
(Blue Note)